Bündel50-Euro Scheine

Der Robo Advisor – doch kein Bankenschreck?

Vor wenigen Jahren begann eine neue Gattung von Fintechs, traditionelle Banken und deren Fondshäuser herauszufordern: der Robo Advisor. Das Versprechen: die Geldanlage am Kapitalmarkt einfacher und günstiger zu machen. Doch auch vier Jahre später steht der große Durchbruch noch aus.

Eigentlich schien die Idee so gut, dass sie einfach ein Erfolg werden musste. Die Demokratisierung der Geldanlage. Die Vorteile einer professionellen Vermögensverwaltung, die sonst nur vermögenden Kunden vorbehalten war, sollten jetzt für kleines Geld breiten Bevölkerungsschichten zugänglich werden. In den USA konnten die Robos tatsächlich einige Achtungserfolge verzeichnen. In Europa dagegen will es auch vier Jahre nach dem breiteren Markteintritt nicht wirklich mit dem großen Durchbruch klappen.

Scalable Capital und dann lange nichts

Als einziger europäischer Robo Advisor konnte das deutsch-britische Fintech Scalable Capital in nennenswertem Umfang Kundenvermögen unter seine Verwaltung bringen und dabei die Marke von einer Milliarde Euro knacken. Mitte 2019 vermeldete Scalable Capital sogenannte „Assets under Management“ in Höhe von 1,5 Mrd. Euro. Was im ersten Moment beeindruckend klingt, relativiert sich schnell, wenn man die Zahlen in Relation zu alten Bankenwelt setzt. So verwaltet alleine die Hamburger Sparkasse mehr als 9 Mrd. Euro in ihrer Private Banking-Abteilung.

Und Scalable Capital ist schon mit großem Abstand Marktführer, also Robo Advisor Nr. 1. Alle Robos zusammengerechnet kommen aktuell in Deutschland Schätzungen zu Folge gerade einmal 3 bis 4 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen – und da sind die bankeneigenen Vertreter bereits mit eingerechnet. An dem Bild, das ich Mitte 2018 hier auf about#Fintech beschrieben hatte, hat sich also nicht wirklich etwas geändert.

Robo Advisor ohne klar Zielgruppe

Nun mag man darauf verweisen, dass sich das verwaltete Vermögen, das von einem Robo Advisor verwaltet wird, in den letzten Jahren stetig erhöht hat. Und – nicht ganz zu Unrecht – ergänzen, dass die Wachstumskurve bei exponentiellen anfangs zwar flach, später aber umso steiler ausfällt. Und trotzdem lässt sich festhalten, dass sich die optimistischen Experten-Prognosen wohl nicht bestätigen werden.

Dafür gibt es eine ganze Reihe möglicher Gründe, die auch die Kollegen von finanz-szene.de vor einiger Zeit festgehalten hatten. Den Hauptgrund sehe ich allerdings in der sehr spitzen Zielgruppe, die im überschaubaren Mehrwert begründet ist.

Ein Robo Advisor richtet sich klassischerweise an Sparer, die keine persönliche Beratung durch einen Menschen benötigen, weil sie wissen, was sie tun. Im Branchensprech werden solche Kunden „Selbstentscheider“ genannt. Wer allerdings in Finanzdingen so gut informiert und gebildet ist, dass er keine menschliche Beratung mehr benötigt, fährt deutlich günstiger, wenn er bei einem Discount-Broker einen oder mehrere ETF-Sparpläne anlegt.

Halten wir also fest: wer Beratung braucht, geht zu seiner Filialbank oder seinem unabhängigen Vermögensberater. Und wer selbst entscheiden kann, fährt mit ETFs günstiger. Wer also ist nun die Zielgruppe, die einen Robo Advisor nutzen sollte?

Unscharfer Fokus

Da fallen mir aktuell eigentlich nur zwei Randgruppen der beiden vorgenannten Gruppen ein. Einerseits Menschen, die zwar selbst entscheiden könnten, aber einfach nicht die Zeit finden, sich selbst um alles zu kümmern. Hier wäre die Convenience also das Verkaufsargument.

Dazu kämen Menschen, die keine Ahnung von Finanzen haben, aber aus Kostengründen den Weg zum menschlichen Berater scheuen und darauf hoffen, dass der Robo Advisor gute Entscheidungen für sie treffen wird. Die Kosten wären hier der Treiber.

Und so sind die aktuell tätigen Robos auch weder Fisch noch Fleisch. Den meisten Selbstentscheidern dürften die Angebote der Fintechs deutlich zu teuer sein im Vergleich zu einem schlanken ETF-Portfolio. Den kostenbewußten Beratungskunden wiederum bieten die Robos deutlich zu wenig Betreuung in Form eines „digitalen Händchenhaltens“.

Robo Advisor vs. Dachfonds

Insofern hat sich nicht viel verändert gegenüber 2017, als ich in meiner Kolumne im finletter hinterfragte: „Wieviel Robo steckt eigentlich Robo Advice?„.

Schon damals erschienen mir die Angebote mehr wie ein x-beliebiges Dachfonds-Angebot. Denn letztlich machen die aktuellen Robos nichts anderes, als aus verschiedenen ETFs ein Portfolio zusammenzustellen -allerdings kein kundenindividuelles. Vielmehr bieten die Robos meist eine handvoll verschiedener Portfolios an, denen der Kunde nach einem kurzen Fragebogen dumpf zugeordnet wird. Das machen DEKA und Union Investment schon seit langen Jahren ebenso.

Statt also von einer KI ein maßgeschneidertes Portfolio zu erhalten, gibt es ein Produkt von der Stange. Einziger Unterschied zur klassischen Bank: der menschliche Berater wird durch einen kurzen Fragebogen ersetzt und die Kostenersparnis in Form geringerer Gebühren an den Kunden weitergegeben. Nett, aber eben kein wirklicher Nutzen für die meisten Kunden.

Ausblick

Wie schon 2017 geschrieben können Robo Adviser sicherlich großes in der Vermögensanlage bewirken. Dazu müssen sie sich allerdings massiv weiterentwickeln. KI und Big Data müssten hierbei die Schlüsselrolle spielen. Sie könnten für jeden Kunden ein individuell maßgeschneidertes Portfolio zusammenstellen, das sich automatisch und zeitnah den verändertes Lebensumständen des Kunden anpasst. So, wie es ein menschlicher Berater einer guten Vermögensberatung täte, aber zu den Kosten eines Discount-Brokers für Selbstentscheider.

Bis dahin scheint es mir aber noch ein langer Weg zu sein. Und so lange dürfte die Luft nach oben für die Robos dünn bleiben.

Veröffentlicht in Meinung und verschlagwortet mit , .