Robo Adviser müssen noch Überzeugungsarbeit leisten

In der ersten Jahreshälfte des letzten Jahres waren sie das große Thema in der Finanzbranche: Robo Adviser. Die automatisierte Vermögensanlage beflügelte die Phantasie der Fachmedien und der Investoren. Einige wenige Robo Adviser konnten seitdem Erfolge vermelden, aber der große Durchbruch steht noch aus.

Robo Adviser mit Kostenvorteilen

In der aktuellen Niedrigzinsphase ist es sicherlich sinnvoll, für den Vermögensaufbau auf Wertpapiere zu setzen. Als Anfänger kann man hier allerdings eine Menge falsch machen und so sein Geld versenken. Kein Wunder, dass sich viele Hilfe bei einem Bankberater suchen. Das wiederum ist nicht gerade die günstigste Art, sein Geld anzulegen. Die zunehmenden regulatorischen Anforderungen seitens der Aufsichtsbehörden tun ihr Übriges dazu, dass sich die Beratungssituation gerade für Kleinanleger nicht gerade verbessern wird.

Robo Adviser wollen hier die Lösung bieten. Nach einer kurzen Abfrage der persönlichen Anlageziele und -präferenzen verteilt ein Algorithmus das Kapital auf verschiedene börsengehandelte Indexfonds (ETF). Die sind ohnehin günstiger als die in Filialbanken üblichen, aktiv gemanagten Investmentfonds. Und der Verzicht auf kostenintensive menschliche Berater drückt die Kosten weiter. Damit sollten die Robo Adviser also eigentlich durchstarten. Eigentlich.

Noch starten Robo Adviser nicht durch

Dennoch sind die Erfolge bisher überschaubar. Selbst Scalable Capital als klare Nummer 1 in Deutschland tut sich schwer, nennenswerte Marktanteile zu gewinnen. Erst die Kooperation mit der Direktbank ING DiBa hat einen spürbaren Schwung gebracht. Die direkten Wettbewerber sind nochmals spürbar kleiner. LIQID (aus dem Familiy Office des Quant-Clans) und der Robo Advisor der comdirect sind zusammen nicht einmal halb so groß wie Scalable Capital.

Laut Marktschätzungen verwalten die mehr als 20 Robo Adviser in Deutschland ein Gesamtvermögen von gut 1,4 Mrd. Euro. Was auf den ersten Blick recht beeindruckend klingt, relativiert sich schnell. Zum Vergleich: allein die Hamburger Sparkasse verwaltet Kundenvermögen im Umfang von 9 Mrd. Euro. Den Vergleich mit den Privat- und Großbanken brauchen wir an dieser Stelle gar nicht erst anstellen.

Aber woran liegt das? Ganz offenbar können wir Anbieter die Zielgruppe bisher nicht von ihren Vorteilen überzeugen. Selbst unter meinen tendenziell sehr Fintech-affinen Followern hält sich die Begeisterung arg in Grenzen. Zwar nutzen immerhin knapp 30% bereits einen Robo Advisor und ein weiteres Viertel plant dies zukünftig. Doch selbst hier ist knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer skeptisch bis ablehnend eingestellt.

Umfrage Robo Adviser
Die Begeisterung für Robo Adviser hält sich in Grenzen

Die Frage nach der Zielgruppe

Ein Grund dafür könnte durchaus in der Frage nach der Zielgruppe liegen. Der klassische Beratungskunde der Banken ist in der Regel eher technik-avers und sucht bewusst den menschlichen Austausch. So hat er insbesondere in Krisenzeiten einen Ansprechpartner aus Fleisch und Blut, der ihm im Zweifel auch einfach die Hand hält und sagt: „Keine Sorge, alles wird gut.“. Der Robo Adviser kann dem bisher „nur“ rationale Entscheidungen entgegensetzen, aber Geldanlage hat nunmal viel mit Psychologie und Vertrauen zu tun.

Am anderen Ende des Spektrums stehen die gut informierten Selbstentscheider. Die sprechen zwar auf die von den Robo Advisern präferierten, kostengünstigen ETFs an. Aber wer sich damit erst einmal ein wenig auseinandergesetzt hat, legt im Zweifel einfach ein oder zwei ETF-Sparpläne bei einem Discout-Broker an und kommt damit extrem günstig davon. Diese Kunden meiden die Robos, weil sie die Kostenquote um 0,5 bis 1,0 Prozentpunkte erhöhen und damit unnötig Rendite kosten.

Die Zukunft der Robo Adviser

So bleibt derzeit nur eine recht spitze Zielgruppe in der Mitte. Und die gibt es hierzulande in vielen Dingen nicht mehr – Karstadt musste das leidvoll erfahren. Entweder so billig wie möglich oder aber super Service. Selbstentscheider beim Discount-Broker oder persönliche Beratung in der Filiale. Die Mitte dazwischen ist ziemlich verwaist. Das spiegelt sich denn auch in den eingangs genannten zahlen wider.

Wo also liegt die Zukunft für die Robos? Zum Beispiel im hybriden Ansatz, den Friedrich W. Kersting in seinem Gastbeitrag im Dezember letzten Jahres treffend beschrieben hat. Wenn der rational anlegende Robo Adviser Hand in Hand mit dem menschlichen Berater zusammen wirkt, kann man dem Kunden einen echten Mehrwert liefern. Die Hamburger Sparkasse pilotiert diesen Weg aktuell mit investify.

Der andere Weg liegt derzeit darin, sich als Kooperationspartner an Direktbanken wie die ING DiBa zu kuscheln. Denn die haben, im Gegensatz zu den Discount Brokern, meist keine Wertpapier-Profis als Kunden, sondern preisbewusste Tagesgeld-Sparer. Diese Kunden bräuchten für Wertpapierinvestments eigentlich einen Berater, den sie bei der Direktbank aber nicht finden. Der Robo Adviser ist für sie die nächstbeste Lösung, um dennoch ohne eigene Kenntnisse in Wertpapiere zu investieren.

Regulatorik als Wachstumshelfer

So schwer sich die Robos derzeit noch tun: die EU könnte sich als Freund und Helfer entpuppen. Mit der Wertpapier-Richtlinie MiFiD 2 dreht sie fleissig weiter an der Regulatorikschraube für die Banken. Denen könnte sie das Wertpapiergeschäft mit kleinen Retailkunden gehörig verleiden. An Kleinanlegern lässt sich künftig unterm Strich kaum noch Geld verdienen. Die Robos könnten hier die Lösung sein, Kleinanleger auch künftig Wertpapiere anzubieten.

Wie seht Ihr das? Welche Rolle werden Robo Adviser in der Zukunft spielen? Schreibt mir Eure Meinung als Kommentar.

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