Robo Advisor „Robin“ setzt Aktiengurus und Fintechs unter Druck [Gastartikel]

„Wir sehen den DAX Ende 2018 bei 15.572 Punkten!“ Unser Gastautor Friedrich-W. Kersting erläutert, warum solche Prognosen Unsinn sind, was der Robo Advisor der Deutschen Bank damit zu tun hat und warum erst ein hybrider Robo Advice-Ansatz kein Etikettenschwindel ist.

Prognosen für Aktienkurse sind Unsinn

Profilbild Friedrich-W. KerstingProf. Klaus Wellershoff von der Universität St. Gallen weist regelmäßig darauf hin, dass bei Aktien der durchschnittliche Prognosefehler bei ca. 15% liegt. Bei einer erwarteten Rendite für den DAX von z.B. 7% für das bald beginnende neue Jahr bedeutet das, dass die Rendite aufgrund des Prognosefehlers mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen -23 und +37% liegen wird (+/- 2-mal den Prognosefehler). Das ist wahrlich keine hilfreiche Grundlage für eine Anlageentscheidung!

Hinzu kommt, dass schon die erwarteten Renditen meist vollkommen an der Realität vorbeigehen. Prof. Markus Spiwoks von der Ostfalia Hochschule und Kollegen haben die Prognosen von über zwanzig Banken in mehr als zehn Jahren verfolgt und ausgewertet. Dabei haben sie festgestellt, dass sowohl bei Aktien als auch bei Zinsen und Wechselkursen die Prognosen allesamt schlechter waren als die einfache Annahme, dass sich der Preis nicht ändern werde.

Niemand – auch Ulrich Stephan nicht, der Deutsche Bank Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden – kann also wissen, wo in 12 Monaten die Aktien, Anleihen, Wechselkurse oder Goldpreise stehen werden. In diesem Zusammenhang sei noch einmal an den Dartpfeil werfenden Affen erinnert, der alle namhaften Aktiengurus bei den Renditen hinter sich ließ! Und dass sich die eine oder andere Prognose bewahrheitet, bedeutet nichts. Auch wer am Roulette-Tisch auf eine bestimmte Zahl setzt, kann gewinnen – weil er das Glück auf seiner Seite hat und nicht irgendeine besondere Kenntnis!

Die beliebten Punktprognosen von Aktienanalysten sind somit Unsinn – und einzig dem (Selbst-) Marketing geschuldet!

Der Robo Advisor kann es besser

Von daher lässt es aufhorchen und stimmt optimistisch, dass nun auch die Deutsche Bank einen sog. Robo Advisor vorgestellt hat und sich damit zumindest teilweise von Marktprognosen distanziert. Denn Robo Advisor richten ein Portfolio nicht auf Basis von Prognosen aus, sondern einzig nach individuellen Anlagezielen sowie dem persönlichen Risikoprofil! Dazu werden online mit ein paar kurzen Fragen die Anlagebedürfnisse und die Risikobereitschaft des Anlegers ermittelt. Daraus leitet die Software sofort eine maßgeschneiderte Anlagestrategie ab, die mit Indexfonds/ ETFs umgesetzt wird. Die so erstellten Portfolios werden dann laufend überwacht und frei von Emotionen adjustiert (Rebalancing). Dieser Ansatz ist nicht nur bequem und zeitsparend, sondern er berücksichtigt auch wesentliche Erkenntnisse der Finanztheorie.

Durch die schlanken Strukturen sind die Robo Advisor zudem in der Lage, eine Vermögensverwaltung bereits für Depots mit wenigen tausend Euro anzubieten und das auch noch erheblich günstiger. So berechnet die Deutsche Bank für ihren klassischen ETF-Dachfonds Gebühren in Höhe von rund 1,80 % p.a. – zuzüglich Ausgabeaufschlag. Bei der „Robin“ genannten digitalen Vermögensverwaltung werden dagegen maximal 1,00 – 1,25% p.a. belastet!

Schwächen zeigen die digitalen Ansätze jedoch, wenn es darum geht, die Anlagesituation des Anlegers wirklich differenziert und individuell zu erfassen. Zudem gibt es Lebensabschnitte (Geburt von Kindern, Kauf einer Immobilie, Gang in die Selbständigkeit, Scheidung, Pensionierung), die wichtige Vermögensfragen hervorrufen und einen Finanzplan erfordern. Hier wird auch weiterhin ein kompetenter und emphatischer Berater aus Fleisch und Blut die bessere Lösung sein.

Hybrider Ansatz ist die Zukunft

Für Anleger sind somit nur hybride Ansätze sinnvoll! Der Robo legt emotions- und prognosefrei die Grundstrategie fest und ein menschlicher Berater steht unterstützend zur Seite und hält in turbulenten Zeiten dem nervösen Anleger die Hand! D ann passt auch die Bezeichnung „Robo Advice“, die bisher oft nur Etikettenschwindel ist. Denn der „Advice“ bleibt gerade bei vielen Fintechs aus Kostengründen und mangels kompetenter Berater meist vollständig auf der Strecke!

Ab 2018 dürfte jede deutsche (Groß-) Bank eine Kombination aus Technik und Mensch im Angebot haben – und das hoffentlich partnerschaftlich und nicht wie bisher banküblich von Umsatzzielen und Produktvorgaben getrieben! Für Aktienanleger ist das eine gute Nachricht – für die (selbst-) ernannten Börsengurus der Banken und das ein oder andere Fintech eher nicht!

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