Eine gefährliche Abhängigkeit

Der von US-Präsident Trump angezettelte Handelskrieg mit China weitet sich aus. Ein aktuelles Dekret sorgt dafür, dass Smartphone-Gigant Huawei den Zugang zu Google-Diensten (inkl. Android) sowie zu US-Hardware verliert. Ein Warnsignal – auch für die hiesige Finanzbranche, denn die steht ebenfalls in einer gefährlichen Abhängigkeit zu amerikanischer Technologie.

Rund um die letzte US-Präsidentschaftswahl wurde noch gespottet über Donald Trump. Niemand glaubte ernsthaft, dass den markigen „America First“-Sprüchen wirkliche Taten folgen würden. Spätesten seit ein paar Tagen sollte auch der letzte Zweifler eines Besseren (oder eher: eines Schlechteren) belehrt worden sein.

Der Fall Huawei…

Per Dekret hat Donald Trump verfügt, dass alle Handelsbeziehungen zu Unternehmen, welche die amerikanische Telekommunikationssicherheit bedrohen könnten, abzubrechen sind. Auch wenn es ein allgemeines Dekret ist, kann man es getrost als „Lex Huawei“ bezeichnen, denn es soll direkt den chinesischen Smartphone-Hersteller und Netzwerkausrüster treffen.

Der wird seit einiger Zeit von den USA bezichtigt, die chinesische Regierung bei der Spionage zu unterstützen und dazu Backdoors in seine Netzwerktechnik einzubauen. Beweise dafür blieben die USA allerdings stets schuldig. Es galt die Devise: wenn ich nur lange genug mit Dreck werfe, bleibt immer irgendwas hängen.

Die amerikanische Regierung drängte ihre internationalen Partner gleichzeitig, beim Aufbau eigener 5G-Netze doch bitte auf amerikanische Anbieter zu setzen. Dass es ausgerechnet die USA waren, die bewiesenermaßen europäische Regierungen ausgespäht hat: unwichtig. Als sich allerdings herausstellte, dass sich die Partner nicht von Huawei verabschieden wollten, folgte das bereits erwähnte Dekret.

Die direkten Auswirkungen sind für den Smartphone-Riesen (zuletzt weltweit die Nummer 2 hinter Samsung) massiv. Neue Smartphone-Modelle werden auf Googles PlayStore und weitere Google-Apps verzichten müssen. Und da auch der Chip-Designer ARM die Zusammenarbeit mit den Chinesen einstellt, hat Huawei künftig auch auf der Hardware-Seite ein veritables Problem.

… muss für Europa ein Weckruf sein

Die Auswirkungen dieses Vorgangs gehen weit über den Konzern oder China hinaus. Er wirft Fragen auf, die auch für uns in Europa und speziell in Deutschland elementar sind, allen voran: sind die USA weiterhin ein verlässlicher Partner? Und falls nicht: droht uns ein Ende der globalen Arbeitsteilung?

Schon jetzt ist absehbar, dass die chinesischen Konzerne eine Alternative zu Googles Android-Betriebssystem entwickeln werden. Auch ein eigenes Chipdesign wird kommen, um sich von US-Konzernen unabhängig zu machen. Und nicht zuletzt könnte China beginnen, sein streng abgeschottetes Internet in Asien auszudehnen und schließlich das Internet spalten.

Europa droht in diesem Konflikt zwischen den beiden Supermächten unserer Zeit böse unter die Räder zu geraten. Insbesondere könnten wir bald vor die Wahl gestellt sein, uns für eine der beiden Seiten zu entscheiden: stehen wir zu den USA oder zu China. So oder so eine Wahl zwischen Pest und Cholera.

Denn die europäische Wirtschaft ist auf beide Seiten angewiesen. Zum einen, weil beide Wirtschaftsräume wichtige Abnehmer europäischer Waren und Dienstleistungen sind. Noch wichtiger ist allerdings, dass wir abhängig sind, sowohl von amerikanischer Technologie als auch von der chinesischen Werkbank.

Wir können gar nicht mehr allein

Die traurige Erkenntnis ist: Europa kann gar nicht mehr allein. Das gilt für’s Banking, insbesondere das Payment. Schaut man sich an, wer den europäischen Payment-Markt beherrscht, wird das schnell klar. Immerhin, für Überweisungen und Lastschriften reicht unser Know How aus. Aber schon bei den Karten reicht es in Deutschland gerade noch zur Girocard, die aber komplett in der alten Offline-Welt festhängt.

In der digitalen Welt dagegen dominieren US-Konzerne: die Kreditkartenanbieter MasterCard und Visa sowie das Mega-Fintech PayPal. Und Europa hat hier nichts entgegenzusetzen. Klar, ein paar kleine nationale Lösungen wie Paydirekt in Deutschland, iDEAL in den Niederlanden, Swish in Schweden oder Twint in der Schweiz. Angebote für den länderüberschreitenden eCommerce: Fehlanzeige.

Und das macht uns erpressbar! Die Frage stellt sich: was tun, wenn Donald Trumps Zorn irgendwann gegen Europa richtet und er MasterCard, Visa und PayPal eine Sondersteuer für Transaktionen in Europa auferlegt, z.B. 0,1% „America first“-Abgabe? Hätten wir eine Alternative?

Europa braucht Alternativen

Aktuell lautet die niederschmetternde Antwort: nein! Wir können aktuell kaum noch etwas selbst. Wir haben keine nennenswerte Chip-Produktion mehr, keine relevanten Betriebssystem-Anbieter und keine Suchmaschine – und keinen paneuropäischen Zahlungsanbieter oder ein eigenes Kreditkarten-Scheme.

Insofern ist es nur richtig, dass die deutschen Banken und Sparkassen mit Paydirekt zumindest einen Anlauf im Online Payment unternommen und auch im Mobile Payment eigene Angebote an den Start gebracht haben. Wer weiß, ob Trump nicht aus einer Laune heraus Dienste wie Apple Pay oder Google Pay für Europa abschalten lassen würde, wenn es in seine Politik passt?

Der nationale Weg kann allerdings nicht die richtige Lösung sein. Ein großer europäischer Binnenmarkt braucht auch eine europäische Payment-Lösung! Dass Europas Banken gemeinsam dazu in der Lage sind, erscheint allerdings unwahrscheinlich. Zum einen würde die vermutlich an EU-Kommissarin Verstager scheitern, zum anderen zeigt schon das Beispiel Paydirekt, dass sich die Banken meist erfolgreich selbst im Wege stehen.

bluecode-Logo (Quelle: Bluecode)

Bleibt also nur ein bankenunabhängiger Ansatz wie z.B. der österreichische Payment-Challenger Bluecode. Erste kleine Erfolge konnte das Fintech immerhin bereits feiern, z.B. mit dem Go-Live bei Galeria-Kaufhof. So richtig viel Traktion hat allerdings auch diese Lösung noch nicht. Zu sehr fokussieren sich die Banken bisher auf eigene Ansätze.

Prinzip Hoffnung

Es bleibt also aktuell nur die Hoffnung, dass die Causa Huawei deutschen Politikern und Vorständen endlich die Augen öffnet und zu guten Initiativen in allen Bereichen der Wirtschaft und insbesondere auch im Payment führt.

Allein: es fehlt der Glaube. Zu süß ist das Gift des US-Anbieter. Warum etwas Eigenes entwickeln, wenn man mit Apple Pay und Google Pay so toll am POS und mit PayPal so bequem online bezahlen kann? Die Antwort lautet: „Schaut auf Huawei!“. Aber wird die gehört werden?

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