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Ändert Corona das Zahlverhalten der Deutschen? Und sind Payment-Dienstleister die Krisengewinner?

„Corona ist der Tod des Bargelds“ lautete eine fettgedruckte Überschrift in der Welt am Sonntag-Ausgabe vom 5. April. Hinter der reißerischen Formulierung verbirgt sich eine der wenigen Erfolgsgeschichten in Zeiten des Coronavirus SARS-CoV-2. Kartenzahlung boomt seit dem Ausbruch der Pandemie gerade bei uns Deutschen, die eigentlich dem lieb gewonnen Bargeld Treue geschworen hatten. Doch das könnte nun vorbei sein, wenn man sich in der Branche umhört und entsprechende Zahlen betrachtet. Ein Gastartikel von Milan Klesper.

Seit dem Ausbruch des Virus ist die Nutzung von Kartenzahlungen laut Handelsverbands Deutschland (HDE) auf bis zu 65 Prozent gestiegen. Gerade die Vorzüge des kontaktlosen Bezahlens kommen zur Geltung. Bequem und in der Regel auch schneller – von diesen Pros ließ sich bislang vor allem die junge Generation überzeugen, die auf Funktionen wie Apple Pay oder Google Pay in Verbindung mit dem Smartphone setzt. Aktuell sorgen die Themen Ansteckungsgefahr und Hygiene dafür, dass die Argumente für (kontaktlose) Kartenzahlung gegenüber Bargeld bei der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung ankommen.

Wobei klar gesagt werden muss: der Panikmache mancher Fake News, Banknoten seien als Virenträger gefährlich, wurde jüngst sowohl von der Deutschen Bundesbank als auch der EZB entschieden entgegengetreten.

Dennoch täuscht der Eindruck nicht: Bargeld ist derzeit unbeliebt, Kartenzahlung boomt. In unserem eingeschränkten Corona-Alltag ist das vielerorts spürbar. Baumärkte, Supermärkte oder Tankstellen weisen mit Plakaten und Aushängen darauf hin, doch bitte mit Karte an der Kasse zu zahlen.

Händler forcieren aktuell Kartenzahlung

Der Kunde versteht – und macht bereitwilliger denn je mit. Der Autor dieses Textes war heute im Baumarkt und dort wurde sogar per Lautsprecher-Durchsage darum gebeten, die Einkäufe ausschließlich per Karte zu zahlen. Nahezu alle Kassen würden nur Plastikgeld akzeptieren – es gäbe nur eine einzige Kasse für Barzahler.

Dabei ist Kartenzahlung schon länger auf Erfolgskurs: Schon im Jahr 2018 wurde laut Handelsforschungsinstitut EHI erstmals mehr Umsatz bargeldlos (48,6 Prozent) als mit Geldstücken und Banknoten (48,3 Prozent) gemacht.

Payment-Dienstleister: Verlierer & Gewinner der Krise in einem

Zwar zahlen nun viel mehr Deutsche mit Karte – aber eben in relativ wenigen Geschäften, denn der Großteil der deutschen (und weltweiten) Handelslandschaft hat gerade geschlossen. Das Plus bei den Transaktionen zurzeit kann den gesamten Rückgang nicht ausgleichen, vor allem, weil die Payment-Dienstleister ja nicht nur an den Transaktionen verdienen, sondern auch prozentual an den bezahlten Beträgen. Und derzeit wird eben sehr viel weniger Geld insgesamt ausgegeben.

Schaut man aber in die Zukunft, dann sind die Unternehmen, die sich rund um das Thema „Kartenzahlung“ tummeln, sicherlich die Gewinner. Zwar sind große Unternehmen und Laden-Ketten längst mit moderner Technik am Point-of-sale ausgestattet, doch vor allem kleine Betriebe und Läden ziehen jetzt in großen Mengen nach und sorgen für volle Auftragsbücher.

Joachim Feger, Gründer und Geschäftsführer des kaufmännischen Netzbetreibers Bezahlexperten, gewährt einen exklusiven Blick in die Nachfragestatistik. Nach einer kurzen Schockstarre Anfang / Mitte März geht es nun rapide aufwärts:

„Metzgereien, Marktstände, Obst- und Gemüseläden, Bäckereien und sogar der Spargelhof vom Niederrhein – viele dieser Firmen sind ja in der Branche nicht dafür bekannt, Fans von Kartenzahlungen zu sein. Durch den klassischen Push-Effekt – die Kunden verlangen bargeldloses Zahlen und „drücken“ den Händler quasi in diese Richtung – statten wir nun täglich zahlreiche ehemalige Verweigerer mit Kartenterminals aus“ berichtet Joachim Feger.

Nicht alle, die jetzt schnell ein Kartenterminal anschaffen, haben sicherlich vor, auch dauerhaft bargeldlose Zahlungen annehmen wollen. Es ist aber auch kaum vorstellbar, dass die Geräte nach dem Ende der aktuellen Maßnahmen wieder unter der Ladentheke verschwinden bzw. zurückgeschickt werden. Vor allem, weil standardmäßig ja Laufzeitverträge von zwei bis fünf Jahren abgeschlossen werden.

Und, was viel wichtiger ist: Die Deutschen gewöhnen sich jetzt im Schnellverfahren an die Vorteile des Bezahlens per Karte oder Smartphone. „Tatsächlich habe ich mir jetzt erst durch Corona auch angewöhnt, kontaktlos zu zahlen“ ist eine Whatsapp-Nachricht, die der Autor vor Kurzem erhielt und die typisch ist für das Bezahlen in Corona-Zeiten. Das sieht man nicht nur, aber eben auch sehr deutlich an den Zahlen der Deutschen Kreditwirtschaft für die Girocard:

Umdenken bei Händlern, aber Nachschub an Geräten stockt

Auch bei den Händlern wird ein Umdenken vom Fokus auf die Kosten für Terminalmiete, Transaktionsgebühren, etc. zu den Vorteilen einsetzen, ist sich Joachim Feger sicher: „Ein Paradebeispiel ist ein Café in Bonn, nahe der Uni. Schon vor Corona-Zeiten hat sich der Besitzer dazu durchgerungen, ein mobiles Kartenterminal anzuschaffen. Am Telefon jammerte er anfangs nur darüber, dass das ja alles so viel Geld kosten würde, bisher hätte es ja eigentlich auch ganz gut ohne Kartenzahlung geklappt, aber seine Klientel würde immer mehr danach fragen. Wir haben nach ein paar Monaten dann nochmal telefoniert und auf einmal war er guter Laune: Der Umsatz war seit Einführung der Kartenzahlung nicht einfach nur gleichgeblieben, sondern hatte sich so sehr erhöht, dass die geringen Kosten locker wieder eingespielt werden.“

Goldene Zeiten also für die Payment-Dienstleister? Zukünftig wahrscheinlich, aber jetzt aktuell muss zunächst auch an anderer Front mit den Nachteilen der Corona-Krise gekämpft werden: Es leeren sich die Logistiklager mit den vielen kleinen Kartons voller Kartenterminals in Windeseile. Gerade mobile Geräte, wie das V400m von Verifone oder die Move-Serie von Ingenico, sind stark nachgefragt. Allerdings stehen die Lieferungszusagen der Terminalhersteller auf wackligen Beinen, weil es einfach zu viele Unwägbarkeiten in den Lieferketten gibt. In China wurde lange kaum gearbeitet, in zahlreichen Ländern werden Waren aufgrund der Shutdowns nicht richtig weitertransportiert – alle in der Branche hoffen, die starke Nachfrage auch bedienen und nicht auf einmal aufgrund leerer Lager kein Neugeschäft mehr machen zu können.

Über den Autor

Milan Klesper ist Online-Marketing- sowie Payment-Experte und Mitgründer des kaufmännischen Netzbetreibers Bezahlexperten. Seit 2018 vertreibt der Payment-Dienstleister stationäre und mobile Kartenterminals ausschließlich online. Fokus der Bezahlexperten sind sämtliche KMUs, die Kartenzahlung anbieten möchten und sich erstmalig mit diesem Thema beschäftigen. Vor den Bezahlexperten hat Milan die targroup Media gegründet, die Online-Studienführer betreibt und jährlich mehr als 100.000 Anfragen von Studieninteressenten an Hochschulen und Akademien vermittelt.

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