Bankgeschäfte in einer digitalen Welt [Gastbeitrag]

Welche Chancen hat paydirekt und werden Filialbanken mit einer Omni-Channel Strategie in Zukunft am Markt bestehen? Das waren die Themen meines Gespräches mit Alexander Graf von KassenzoneEin Gastbeitrag von Rudolf Linsenbarth.

Der nachfolgende Beitrag ist meine Zusammenfassung eines Videointerviews mit Alexander Graf von Kassenzone. Kassenzone.de wurde 2008 gestartet und beschäftigt sich seitdem mit Entwicklungen von Online Geschäftsmodellen, insbesondere im E-Commerce. Ich wollte von Alexander wissen, welche Chancen paydirekt hat und ob Filialbanken mit einer Omni-Channel Strategie in Zukunft am Markt bestehen können? Die Aufzeichnung des Gesprächs findet ihr als Podcast und Videopodcast am Ende des Artikels.

Omni-Channel ist kein Erfolgsmodell

Zunächst erklärte Alexander mir warum Omni-Channel kein Erfolgsmodell für den klassischen stationären Handel ist. Gemeint sind damit die Click und Collect Modelle, kaufe Online und hole stationär ab, oder bestelle im Ladengeschäft Produkte die gerade dort nicht verfügbar sind und lasse sie dir nach Hause liefern. Solche Konzepte sind nach Alexanders Meinung dem klassischen Pure-Play also ausschließlich stationär oder ausschließlich online unterlegen. Denn Omni-Channel führt dazu, dass man die verschiedenen Kanäle synchronisieren muss. Das wiederum bindet so viele Ressourcen, dass man sich um die einzelnen Kanäle nicht mehr adäquat kümmern kann.

Mein Einwand, dass es durchaus positive Beispiele wie Decathlon gibt, kontert Alexander mit der Begründung, dass Decathlon kein Händler, sondern ein vertikalisierter Hersteller sei. Hier gibt es zu über 90% Eigenmarken, die man nirgendwo sonst erwerben kann. Die Produkte entziehen sich damit auch der Preistransparenz am Markt.

Ich denke in diesem Sinne kann man nahezu alle Banken als vertikalisierte Hersteller ihres Kernproduktes, Girokonto betrachten. Das gilt auch für die meisten Kredite und einige Geldanlageprodukte. Während bei standardisierten Anlagen wie Aktien und Zahlungsmitteln (girocard, Kreditkarte, etc) haben sie identische Produkte im Portfolio. Weiterhin bieten alle Filialbanken auch Online Konten an. Damit unterliegen sie aber der vollen Preistransparenz, wenn sich die Produkte in den Kernpunkten nicht mehr unterscheiden. Ein Online Konto, das bei einer Filialbank mehr kostest als bei einer Online Bank ist damit im Nachteil, wenn man nicht als „Bonus“ die Filialinfrastruktur kostenlos mitnutzen kann.

Amazon Payments als große Bedrohung

Die von Alexander aufgeworfene Frage, ob Omni-Channel-Banken online fühlbar schlechter seien als Online-Pure-Player wie z.B. die comdirect bank, würde ich erst mal mit ’nein’beantworten. Man sieht zwar gelegentlich Verzögerungen bei Innovationen. Generell gilt, wer nicht reagiert wird abgehängt. Das Problem in der Online Welt sind vergleichbare Preise. Diesem Preisdruck hält man in einer Omni-Channel Strategie nur Stand, wenn die Kostenstruktur günstig ist. Voraussetzung ist eine geringe aber gleichzeitig ausreichende Anzahl von Filialen und eine günstige sowie effektive IT Infrastruktur. Hier kann man die Targobank als Beispiel nennen, mit den Konsum Krediten kommt noch ein Spartengeschäft mit guter Marge hinzu.

Die Filialbanken sind vertikale Angriffe auf ihr Geschäftsmodell durch Onlinebanken gewohnt und reagieren darauf. Gerade zu beobachten wie einige Sparkassen den Markteintritt von N26 mit yomo beantworten. Während die Bemühungen auf die horizontalen Angriffe im Stil eines PayPals eher hilflos wirken. Paydirekt bietet dem Handel und Kunden keinen Mehrwert. Als bessere Alternative aus Kunden und Handelssicht erscheint Amazon Payments.

Alexander bestätigt dies. Das Paradigma die Einbindung möglichst vieler Zahlungsmittel wird die Conversion im Onlineshop steigern gilt nicht mehr. Die Kunden haben sich verändert und es gibt eine starke Verschiebung in Richtung Amazon Payments und PayPal. Andere Zahlarten kommen gar nicht mehr in die Wahrnehmung des Konsumenten. Kunden, die jetzt neu in den Markt einsteigen und noch kein Vertrauen in E-Commerce haben, bleiben eher bei klassischen Zahlverfahren wie Lastschrift, Kauf auf Rechnung und Kreditkarte. Der Handel fragt sich also, ob er mit einem neuen Zahlverfahren mehr Umsatz erzielt. Für Lösungen wie paydirekt kann man diese Frage nicht mehr positiv beantworten.

Meine Zusammenfassung

Die Banken denken, wir brauchen so was wie PayPal, dabei muss PayPal sich Sorgen machen, ob man in Zukunft mit GAFA (Google, Apple, Facebook und Amazon) mithalten kann! Von diesen Playern könnten auch die nächsten horizontalen Angriffe auf die Geschäftsmodelle der Banken erfolgen. Die Frage ob eine Omni-Channel Strategie langfristig funktionieren wird, kann heute noch vielleicht noch nicht beantwortet werden. An einem weiteren Ausbau der digitalen Angebote führt auf jeden Fall kein Weg vorbei.

Über Alexander Graf:

Bild Alexander Graf

Alexander Graf (Quelle: Kassenzone.de)

Alexander Graf ist Herausgeber des Blogs Kassenzone und Gründer des Beratungsunternehmens eTribes sowie Gründer und Geschäftsführer von Spryker Systems, einem E-Commerce-Framework für schnell wachsende digitalen Geschäftsmodelle. Er ist außerdem Autor eines viel beachteten E-Commerce Buches.

Wer den gesamten Podcast hören will findet ihn hier auf SoundCloud oder als Video auf YouTube.

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Veröffentlicht in Meinung.