Das Bild zeigt links einen Papierberg auf einem Schreibtisch und rechts einen Computerbildschirm in Wolken

Evolution statt Revolution: Digitalisierung durch Mikrotransformation

Die globale Corona-Pandemie hat fast alle Branchen vor enorme wirtschaftliche Herausforderungen gestellt und die Digitalisierung in sämtlichen Bereichen extrem beschleunigt. Davon sind besonders auch Finanzinstitute betroffen, unter denen sich viele bereits vor dem Ausbruch von COVID-19 inmitten der herausfordernden, digitalen Transformation befanden. Gastautor Jens Treskatis zeigt auf, wie Mikrotransformation helfen kann, diesen Prozess mit Evolution statt Revolution erfolgreich zu gestalten.

Die digitalen Infrastrukturen bei Banken sind in den meisten Fällen über viele Jahrzehnte gewachsen. Die Wartung, Weiterentwicklung und der Betrieb der entsprechenden Systeme sind durch mangelnde Flexibilität, steigende Betriebskosten und auch weichendes Experten-Know-How im Laufe der Zeit allerdings immer schwieriger und aufwendiger geworden. Ihr Austausch scheint im Zuge der digitalen Transformation unvermeidbar, denn die Systemlandschaften sind komplex und heterogen. Mikrotransformationen ebnen den Weg auf dem Finanzinstitute diese Herausforderung nach und nach meistern können.

Neben diesen internen Hürden und der rasanten Digitalisierungsgeschwindigkeit lastet zudem ein sehr großer Druck seitens der Kunden auf den Finanzinstituten. Sie erwarten innovative Lösungen, die ihre Bedürfnisse in den Fokus rücken und ihnen den Zugang zu Finanzdienstleistungen so einfach wie möglich machen und das zu jedem gewünschten Zeitpunkt. Auch in dieser Zeit der wirtschaftlichen Unsicherheit scheint es also keine Option, Projekte im Rahmen der Digitalisierung erst einmal zurückstellen – zumal der Druck auf die Finanzinstitute weiterhin stetig steigt.

Mikrotransformation – klein, aber fein

Eine Strategie, dieses Dilemma aufzulösen, ist die Mikrotransformation. Im Zuge ihrer Umsetzung können Finanzinstitute Schritt für Schritt Kosten sparen und gleichzeitig ihre Digitalisierung vorantreiben, um die sich ändernden Bedürfnisse und Präferenzen ihrer Kunden sowie ihrer Mitarbeiter zu erfüllen. Mikrotransformationsprojekte sind kleine, aber wirkungsvolle Technologie-Upgrades, die messbare Auswirkungen auf eine Organisation haben. Diese kleineren Projekte dürfen nicht als das finale Ziel betrachtet werden, sondern als Teil der Reise einer Organisation hin zu einer vollständigen digitalen Transformation.

Die Idee der kontinuierlichen Innovation ist ein wesentlicher Bestandteil jeder Mikrotransformationsstrategie. Sie wird in einer Art eines modularen Baukastens nach und nach vorangetrieben und bestenfalls sogar über die schnellen Erfolge bei kleineren Projekten finanziert. Hier kommt es stark auf die Priorisierung an. Und es muss sichergestellt werden, dass alle Projekte auf das gleiche Gesamtziel einzahlen.

Am Anfang sollten Finanzinstitute herausfinden, was ihre größten „Pain Points“ sind. Danach kann eine Priorisierung der Bedürfnisse basierend auf dem ROI stattfinden. Wenn das Budget festgelegt ist, wird ein Plan zur Umsetzung kreiert und die Transformation Schritt für Schritt angegangen.

Schnelle Erfolge generieren Wachstum

Vor allem die Finanzdienstleistungsbranche profitiert von der Durchführung verschiedener Projekte zur Mikrotransformation in Puncto Wettbewerbsfähigkeit und Kundenorientierung in unserer digitalisierten Welt. Ein Beispiel für ein erfolgreiches Mikrotransformationsprojekt ist die Implementierung einer Lösung zur Online-Beantragung eines Kredits. In einer vernetzten Welt ist ein reibungsloses, benutzerfreundliches, vollständig digitales Kundenerlebnis ein Muss für Finanzdienstleister.

Die Möglichkeit, einen Kredit überall, jederzeit und von jedem Gerät aus zu beantragen, bietet einen unmittelbaren Mehrwert für den Kunden, der einen Antrag nahtlos über jeden Kanal starten, fortsetzen und abschließen kann, ohne seine Daten mehrfach eingeben zu müssen. Auch die Bankmitarbeiter profitieren von Vorteilen wie transparenten Arbeitsabläufen sowie schnellen Einblicken in wertvolle Cross-Selling-Möglichkeiten. Gleichzeitig können sie stärkere Kundenbeziehungen aufbauen.

Durch die Implementierung kleinerer Technologie-Upgrades erzielen Finanzinstitute schnelle Erfolge, die einen unmittelbaren Mehrwert schaffen. Sobald eine kleinere Transformation erfolgreich eingeführt wurde, werden die Mitarbeiter die Vorteile erkennen, weitere Transformationsprojekte eher akzeptieren und sie bestenfalls sogar mitgestalten. Auch ebnet diese den Weg für komplexere digitale Transformationsprojekte in der Zukunft. Dies kann die Digitalisierung eines einzelnen Geschäftsbereichs oder die Einführung einer neuen Funktion usw. sein.

Kontinuierliche Innovationen legen fest, wie wir Geschäfte machen. Durch sie können Finanzinstitute – gerade während der Pandemie – ihr Geschäft zu einem Zeitpunkt ausbauen, an dem sich andere Unternehmen auf die Instandhaltung konzentrieren.   

Viele kleine Schritte führen zum Ziel

Eine groß angelegte digitale Transformation ist ein Marathon, aber dafür trainiert man zunächst bekanntlich Schritt für Schritt in kleineren Intervallen. Finanzinstitute müssen also nicht alles auf einmal transformieren. Wichtig ist, dass sie eine einheitliche Plattform als Basis nutzen, auf der sie Mikrotransformation umsetzen, die miteinander harmonieren.

Statt eines einzigen Großprojektes können sie so kontinuierlich an ihrer Plattform arbeiten und sie nach und nach verbessern. Selbst in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ist dies eine erfolgsversprechende Strategie, um die Optimierung und kontinuierliche Innovation voranzutreiben und dem Wettbewerb einen Schritt voraus zu sein.

Fünf Tipps für den erfolgreichen Start eines Projekts zur Mikrotransformation:

  1. Die Cloud berücksichtigen! Digitale, cloudbasierte „Software as a Service“-Lösungen sind zukunftsweisend. Eine Mikrotransformation bietet eine gute Möglichkeit, in Cloud-Technologien zu investieren. Sie ist skalierbar, sodass ein kleiner Gewinn schnell und ohne hohes Risiko zu einem größeren werden kann.
  2. Das Projekt sorgfältig auswählen! Welches Projekt deckt einen bestimmten Bedarf und hat messbare Auswirkungen auf das Business in der Organisation? Für große Finanzinstitute könnte dies die Einführung eines neuen digitalen Produkts sein, während kleine Institute sich vielleicht auf die Digitalisierung eines einzelnen Geschäftsbereichs konzentrieren, wie z. B. die Kreditvergabe an kleine Unternehmen.
  3. Die Kunden im Fokus! Operative Effizienz ist zwar ein wichtiges Ziel, aber der Kunde steht immer an erster Stelle. Jede neue Technologie oder Funktion sollte deshalb immer auch die Kundenerfahrung verbessern.
  4. Messen, lernen und wiederholen! Welche Auswirkung hat das Projekt auf die gesamte digitale Transformation? Nach Abschluss des Mikrotransformationsprojekts sollte man die Erfahrungen besprechen, aus dem Prozess lernen und ihn innerhalb eines größeren Projektes wiederholen.
  5. Innovation ist keine Revolution, sondern Evolution! Werden kontinuierliches Wachstum und anhaltender Erfolg als Ziele definiert, könnte die Fähigkeit, klein zu denken, die größte Stärke sein.

Über den Autor:

Jens Treskatis, Area Vice Presidint bei nCino

Jens Treskatis ist als Area Vice President bei nCino aus Deutschland heraus für die Entwicklung des Unternehmens in den Regionen DACH, Nordics und Ost-Europa verantwortlich. Das Unternehmen arbeitet derzeit mit über 1.200 Finanzinstituten weltweit zusammen, darunter Barclays und Santander. Als Mitglied des europäischen Top-Managements baut Treskatis mit seinem Team die Expertise des Unternehmens aus und treibt die lokale Kundengewinnung und -beratung voran. Zuvor war Treskatis bei verschiedenen Software-Unternehmen wie z.B. der Software AG tätig, zuletzt als Senior Director Sales, Finance bei OpenText. Dort entwickelte er unter anderem in seiner Funktion als Head of European Banking Council das Go-to-Market-Modell für den Bankenvertrieb.

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