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Green Card – bunq als Trittbrettfahrer auf der grünen Welle

Seit Beginn der „Friday for Future“-Demos ist es plötzlich hip geworden, sich als Unternehmen betont grün zu geben. Auch die Neo-Bank bunq möchte mit der neuen Green Card auf der grünen Welle mitreiten. Das Angebot sieht bei näherer Betrachtung aber eher nach Green Washing aus.

Die Nachricht kam unverhofft per Mail für Bestandskunden ins Postfach (als Fintech-Blogger ist man ja bei tausendundeinem Fintech Kunde). Am 27.11. wurde da großspurig angeteasert: aufgepasst, da kommt was Großes morgen. Und heute Morgen dann die Auflösung: bunq bringt eine neue Karte an den Start – die „Green Card“. Grün ist ja gerade die Farbe der Saison, nicht nur unter den jüngeren Kunden.

Das große Mehrwertversprechen von bunq ist nicht weniger als „eine grünere Welt, ohne jeglichen Aufwand“. Hach wie schön, das muss man doch lieben. Wer ist schon gegen eine grünere Welt?

Wie grün ist die Green Card?

Wer dann allerdings weiter liest, wird schnell enttäuscht. Was genau soll die Green Card denn grün machen? Ganz einfach: bunq lässt für jede 100€, die mit der Karte bezahlt wird, einen Baum pflanzen. Wow. Naja, immerhin besser als gar nichts.

Die Junggebliebenen unter uns werden sich allerdings bestimmt noch an „Saufen für den Regenwald“ erinnern. Günther Jauch versprach damals in der Werbung für Krombacher, dass der Bierbrauer für jeden Kasten Bier einen Quadratmeter Regenwald rettet würde. Ein deutlich besseres Preis-/Leistungs-Verhältnis.

Auch die grüne Suchmaschine Ecosia scheint da deutlich großzügiger zu sein, wenn es darum geht, neue Bäume zu pflanzen.

Na gut, bleibt noch das zweiter Argument: die Karte selbst besteht aus Metall statt aus Plastik und soll 50% länger halten. Nun ist Plastik zwar aktuell aus Naturschutzaspekten heraus eher verteufelt, warum nun aber eine Metallkarte unter dem Strich besser sein soll? Haben sich die Macher einmal mit den Umweltauswirkungen des Erzabbaus und des Schmelzprozesses auseinandergesetzt? Die Herstellung der Metallkarte dürfte klimaschädlicher sein, als die einer Plastikkarte.

Und in Zeiten von Online-Shopping und kontaktlosen Zahlungen am POS dürfte die Haltbarkeit einer Karte weniger von den physischen Faktoren abhängen, als vom aufgedruckten „gültig bis“-Datum.

Was die Green Card sonst auszeichnet

Wenn die Green Card schon nicht wirklich grün ist, was kann sie denn dann? Nun, zuerst einmal ist sie immerhin teuer. Stolze 99 Euro pro Jahr darf der Kunde dafür berappen. Wer also dachte: „Naja, immerhin gibt bunq seine Interchange-Fee ab, um die Bäume zu finanzieren“, sollte spätestens jetzt skeptisch werden. Die Bäume, die von bunq gepflanzt werden, bezahlt der Kunde über den jährlichen Kartenpreis nämlich selbst.

Für bunq dürfte sich die Green Card also vor allem finanziell lohnen. 99 Euro im Jahr für eine Karte, die in der Herstellung einen Bruchteil kostet, versprechen eine gute Marge. Zumal, anders als bei anderen Banken oder Neo-Bank wie N26, keine teuren Mehrwertangebote und Versicherungen davon bezahlt werden müssen. Und die wenigen Bäume, dürften sich problemlos aus der Interchange-Fee finanzieren lassen.

Verwirrende Hinweise in der App

Die Green Card ist also weder wirklich nachhaltig, noch ist sie preislich wirklich attraktiv. Wer dennoch auf die Idee kommt, die Karte in der App abzuschließen, wird von der folgenden, irritierenden Nachricht empfangen:

Hinweis zur Green Card in der bunq-App
Quelle: Screenshot aus der bunq-App

Ehrlich gesagt bin ich aus dem Sinn un Zweck dieses Hinweises nicht wirklich schlau geworden. Warum ich alle anderen Bankkonten schließen muss, erschließt sich mir nicht (und erst Recht nicht, wie bunq das kontrollieren will). Dass dem Kunden abgedroht wird, dass er keine Lastschriften oder normale Überweisungen mehr wird ausführen können, dürfte auf den Durchschnittskunden aber vermutlich eher abschreckend wirken.

Fazit: Wer seinen ökologisch-nachhaltigen Lebensstil tatsächlich auch durch die Wahl seines Finanzdienstleisters untermauern möchte, sollte die neue Green Card von bunq getrost links liegen lassen. Wer’s modern und grün mag, ist beim Hamburger Fintech Tomorrow deutlich besser aufgehoben.

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