Ein Blick zurück auf das Fintech-Jahr 2018

Völlig überraschend geht einmal mehr ein Jahr zu Ende. Zeit, für einen Moment innezuhalten und zurückzublicken auf das, was hinter uns liegt. Mein ganz subjektiver Rückblick auf das Fintech-Jahr 2018 – und ein kleiner Ausblick auf 2019.

2018 oder das Fintech-Blutbad beginnt

Wir wussten alle, dass es irgendwann kommen musste – und doch trifft es einen meist überraschend, wenn es dann so weit ist. 2018 wird rückblickend wohl in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem die Fintech-Branche erwachsen wird. Ich hatte vor Kurzem bereits in einem anderen Artikel gefragt: kommt jetzt die große Marktbereinigung?

Denn auf dem Weg zum Erwachsenwerden der Branche bleiben viele Fintechs tatsächlich auf der Strecke. Gründe dafür gibt es viele: von Finanzierungsproblemen über schwache Geschäftsmodelle bis hin zu mangelnder Kundenrelevanz des Angebots. Die Spreu trennt sich vom Weizen.

Böse unter die Räder gekommen ist das Segment der P2P-Payment-Apps. Es hat sich gezeigt, dass hier One-Trick-Ponys keine Chance haben gegen die großen Ökosysteme von Apple und Google einerseits und die großen Bankengruppen andererseits. Cookies (bereits 2016), Cringle und Lendstar mussten das bitter miterleben.

2019 dürften weitere Segmente ein Blutbad erleben, allen voran die Robo Advisor. Die Kunden sind hier nach wie vor zurückhaltend und nur einige wenige Robos sind auf dem Weg, eine kritische Masse an verwaltetem Vermögen zu erreichen, dass nachhaltige Profitabilität verspricht. Neben Scalable Capital und LIQID wird kaum ein unabhängiger Robo Advisor in Deutschland überlebensfähig sein.

Das Jahr des Mobile Payments – zumindest ein bisschen

Was haben wir (vermeintlichen) Payment-Experten in den letzten Jahren Jahr für Jahr aufs Neue daneben gelegen. Immer wieder riefen wir das „Jahr des Mobile Payments“ aus – bis wir es für dieses Jahr endlich gelassen haben. Und siehe da: auf einmal geht es doch los, jedenfalls ein bisschen.

Nachdem in den Vorjahren hierzulande nur kleine Startups versucht haben, die Deutschen vom Bargeld wegzulocken, sind 2018 endlich die großen Spieler in den Ring gestiegen: im Sommer kam GooglePay nach Deutschland und die beiden großen Platzhirsche im hiesigen Privatkundengeschäft – Volksbanken und Sparkassen – konterten mit eigenen Payment-Apps.

Und vor ein paar Tagen bequemte sich denn auch der Obstladen aus Cupertino, sein von Fanboys sehnlichst erwartetes ApplePay nach Deutschland zu bringen – nachdem zuvor Länder wie Kasachstan, die Ukraine oder Vatikanstaat den Vorzug erhalten hatten. Wie viele Payment-Experten bis zu diesem Tag regelmäßig Wetten zum Starttermin verloren haben, ist unbekannt.

Der Startschuss ist jetzt also gefallen und das Rennen um die Gunst der Kunden eröffnet. Inwieweit die deutschen Fortschrittsmuffel jenseits unserer Filterblase davon beeindruckt sein werden, bleibt abzuwarten. Für mich bedeutet es allerdings Umgewöhnung, denn mein Favorit Glase (ehem. SEQR) hat pünktlich zum Start von ApplePay den Geschäftsbetrieb eingestellt. Nach über 200 mobilen Bezahlvorgängen werde ich wohl auf Google Pay und das Mobile Bezahlen der Sparkassen umsteigen.

Der Absturz des Bitcoins

„The higher they climb, the harder they fall“, heißt es so schön. Was das bedeutet, musste die Crypto-Szene 2018 schmerzhaft erfahren. Nachdem die Kurse der vielen Cryptocurrencies in der Vorweihnachtszeit 2017 durch die Decke gingen, ist diese Spekulationsblase seit Jahresbeginn in sich zusammengefallen.

War der Kurs des Platzhirschen Bitcoin Ende 2017 von auf schwindelerregende 20.000 USD geklettert, ist er im Jahresverlauf 2018 auf wenig mehr als 3.000 USD eingebrochen. Viele der weniger bekannten Kryptowährungen aus der zweiten Reihe hat es noch massiver getroffen.

Die Gründe sind vielfältig. So gibt es den Verdacht, dass der Kurs zuvor massiv nach oben manipuliert wurde. Hinzu kommt massive Kritik am enormen Energieverbrauch des Systems und einige staatliche Eingriffe in die Minerszene in China. Auch Streitigkeiten innerhalb der Entwicklerszene und wiederholte Forks haben das Vertrauen der Anleger nicht gerade erhöht.

Viel wichtiger ist aber vielleicht die Erkenntnis, dass die Blockchain-Community bislang keine relevanten Lösungen für echte Kundenprobleme geschaffen hat.

2019 kommen die Plattform-Giganten

Und damit genug des Blicks in den Rückspiegel und den Blick nach vorn gerichtet: was wird uns 2019 beschäftigen?

Man muss – glaube ich – kein Prophet sein, um hier seinen Blick Richtung USA und China zu richten. Wie sich ja bereits weiter oben im Text angedeutet hat, treten mit den großen Plattformen neue Spieler in die Arena. Es heißt jetzt nicht mehr nur: „Banken vs. Fintechs“.

Der Markteintritt von der GAFAs wird die Branche gehörig durcheinander wirbeln. Die Fintechs drohen dabei zwischen die Fronten der Supertanker zu geraten und werden ihr Heil in Kooperationen oder Übernahmen mit bzw. durch eine der beiden Seiten suchen (müssen). Aber auch für die Banken selbst droht von den Plattformen großes Unheil, weil sie die Schnittstelle zum Kunden zu verlieren drohen.

Während sich mittlerweile die meisten deutschen Bankvorständer der Risiken durch Google, Amazon & Co. bewusst sind oder zumindest werden, ist allerdings kaum einen von ihnen die ebenso große Gefahr aus dem fernen Osten gewahr. Dabei sind AliPay und WeChatPay längst in Deutschland angekommen, gemeinsam mit ihrem Integrationspartner Wirecard in Stuttgart. Noch sind chinesische Touristen die Zielgruppe – aber das muss ja nicht auf ewig so bleiben.

Es bleibt spannend

Auch wenn ich für 2019 keine spektakulären Neuerungen erwarte, wird es sicherlich nicht langweilig werden. Es gibt viele Fragen, die auf Antworten warten. Wie zum Beispiele diese hier:

  • Wird es den Banken gelingen, Apple zur Freigabe der NFC-Schnittstelle zu zwingen oder knicken die ApplePay-Verweigerer auch in Deutschland ein?
  • In welche Geschäftsfelder der Banken dringen die großen Plattformen in 2019 vor?
  • Gibt es 2019 endlich relevante Use Cases für die Blockchain?
  • Kaufen chinesische Investoren die relevanten deutschen Fintechs auf?

Antworten auf diese und viele Fragen mehr erhalten wir mit Glück im nächsten Jahr. Wir dürfen also gespannt sein.

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