Crowdfunding – 4 Wege, den Schwarm anzuzapfen

Wer Geld braucht, der geht zur Bank und nimmt einen Kredit auf. So war es jedenfalls über lange Zeit. Aber mit dem Internet ergeben sich neue Möglichkeiten jenseits eines Bankkredits. Mit Crowdfunding können Privatleute und Firmen, Startups und Organisationen den Schwarm anzapfen, um ihre Projekte zu realisieren. Dabei helfen spezialisierte Internet-Plattformen, diejenigen, die Geld brauchen, mit denen zusammen zu bringen, die es haben.

Die Grundzüge des Crowdfundings

Charakteristisch für die verschiedenen Formen von Crowdfunding ist dabei, dass sich eine Vielzahl von Menschen zu einer Menge (engl. ‚Crowd‘) zusammen findet, und gemeinsam ein Vorhaben finanziert. Auf den Plattformen wird das jeweilige Projekt mehr oder weniger detailliert vorgestellt.

Crowdfunding funktioniert für gewöhnlich nachdem Alles-oder-Nichts-Prinzip. Dabei werden in der Regel ein Fundingziel und eine Fundingschwelle festgelegt. Das Fundingziel ist dabei der Betrag, der idealerweise für das Projekt zusammen kommen soll. Die Fundingschwelle ist ein geringerer Betrag darunter, der das Minimalziel darstellt, ab dem das Funding als erfolgreich gilt. Wird die Fundingsschwelle innerhalb des Fundingzeitraums nicht erreicht, geht das gesamte bis dahin eingesammelte Geld an die Investoren zurück.

Crowdfunding Symbolbild

In der Praxis unterscheidet man aktuell vier verschiedene Arten von Crowdfunding, die ich im Folgenden kurz vorstellen werde. Auf den ersten Blick unterscheidet sich dabei wesentlich nur der Verwendungszweck des Geldes. Hinter den vier Arten stecken aber komplett unterschiedliche rechtliche Vertragsbedingungen.

1. Crowddonating

Das Crowddonating – auch donation-based Crowdfunding genannt – ist letztlich die moderne Form der Spendensammelbüchse. Früher haben gemeinnützige oder mildtätige Organisationen die Fußgängerzonen mit ehrenamtlichen Spendensammlern belagert. Aber ebenso wie der Handel mittlerweile immer stärker online stattfindet, zieht es auch die Spendensammler ins Netz.

Bei dieser Form von Crowdfunding gebt Ihr rein rechtlich gesehen eine Spende. Ihr erhaltet also keine weitere Gegenleistung für Euer Geld – abgesehen von Seelenheil und dem erfüllenden Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. In einigen Fällen mag es noch eine Danksagung geben und ab bestimmten Beträgen auch eine Spendenbescheinigung für die Steuererklärung.

Die Unterschiede zu klassischen Spendenportalen sind überschaubar. Wesentlicher Unterschied ist, dass Ihr auf Spendenportalen meistens eine allgemeine Spende tätigt. Bei Crowddonating dagegen werden viele Einzelprojekte vorgestellt und Ihr könnt entscheiden, für welches Ihr spenden wollt.

Bekannte Crowddonating-Plattformen sind z.B. betterplace.org bzw. deren Ableger wie Gut für Hamburg.

2. Crowdfunding

Das klassische Crowdfunding ist auch die bekannteste Form und wird auch reward-based Crowdfunding oder Crowdsponsoring genannt. Wenn Tüftler ein tolles neues Gadget entwickeln wollen, junge Bands ein neues Album produzieren oder ein independent Studio ein Computerspiel programmiert: Crowdfunding versorgt sie mit dem nötigen Kleingeld.

Beim Klassiker geht Ihr in der Regel rechtlich gesehen einen Kaufvertrag ein. Denn für gewöhnlich erhaltet Ihr im Gegenzug für Euer Geld ein Produkt, nämlich z.B. das Album oder Computerspiel, das mit Eurem Geld entwickelt wurde. Je nach Höhe des von Euch gegebenen Betrags gibt es unterschiedliche kreative Gegenleistungen. Das kann die Erwähnung im Abspann sein oder das Privatkonzert bei Dir im Wohnzimmer. Am Ende geht Ihr immer ein gewisses Risiko ein, weil Ihr erst euer Geld gebt und das Produkt anschließend erst entwickelt wird.

Für die Geldsuchenden hat diese Form von Crowdfunding den großen Charme, dass es sich bei den Einnahmen rechtlich um Umsatz handelt. Das Geld muss also später nicht wieder zurück gezahlt werden. Was also im Rahmen der Produktentwicklung als Überschuss verbleibt, kann als Gewinn verbucht werden. Die Nachfrage der Crowd ist zudem ein guter Gradmesser dafür, ob für das zu entwickelnde Produkt überhaupt ein Markt besteht. Zudem sind die Crowdfunder in der Regel begeisterte Marken-/Produktbotschafter.

Bekannte Crowdfunding-Plattformen sind Kickstarter oder Indiegogo.

3. Crowdlending

Wer sich als Privatperson oder Unternehmer kein Geld von der Bank leihen möchte, ist beim Crowdlending – auch lending-based Crowdfunding oder Peer-to-Peer-Kredit genannt – gut aufgehoben. Die Bank als Mittelsmann wird ausgeschaltet und Kredite direkt aus dem Schwarm finanziert.

Rein rechtlich werden hier also Kredite direkt von den Investoren an die Kreditsuchenden vergeben. Die Idee dahinter ist, dass bei einem klassischen Bankkredit die Bank eine nette Marge für sich verbucht. Lässt man sie außen vor, können sich Kreditnehmer und Anleger diese Marge untereinander aufteilen. Das klingt soweit ganz nett, birgt allerdings für den Anleger das große Risiko des (Total-)Ausfalls. Denn anders als auf dem Sparbuch oder Tagesgeldkonto gibt es hier keine Einlagensicherung.

Die Abwicklung von Crowdlending erfolgt dann in der Regel doch über klassische Banken, die dann z.B. die Bonitätsprüfung im Vorfeld übernehmen und später auch die Verträge verwalten. Die Plattformen beschränken sich regelmäßig rein auf die Rolle des Kreditvermittlers. Das lassen sie sich über eine Vermittlungsprovision vergüten – ohne irgendwelche Risiken zu übernehmen. Welche vier wichtigen Dinge Ihr beim Crowdlending beachten solltet, habe ich bereits in einem anderen Artikel beschrieben.

Bekannte Plattformen sind z.B. auxmoney, Giromatch oder Kapilendo

4. Crowdinvesting

Wenn Startups Kapital für weiteres Wachstum benötigen, suchen sie sich Investoren. Das sind meistens Business Angels oder Venture Capital-Fonds. Manchmal aber wenden sich junge Unternehmen auch an die Crowd. Bei Crowdinvesting – oder auch equity-based Crowdfunding – beteiligen die Firmen die Crowd über partiarische Nachrangdarlehen am Unternehmenserfolg.

Rechtlich handelt es sich also meistens um spezielle Darlehensverträge, die im Insolvenzfall erst nach allen anderen Kreditgebern bedient werden. Und die über eine feste Verzinsung hinaus in der Regel auch eine Beteiligung am Unternehmenswert versprechen, sollte das Unternehmen während der Laufzeit verkauft werden. Das läuft allerdings bisher eher schlecht: wenige Unternehmen überleben lange und starten dann auch noch richtig durch. Und wenn, dann wird die Crowd auch gern mal ausgebootet. Das mag auch daran liegen, dass hier wesentlich Startups am Start sind, die keinen professionellen Investor für sich gewinnen konnten. Das böse Wort ‚Resterampe‘ schwebt also immer durch die Köpfe.

Spannender erscheint mir das schon die Sonderform des Crowdinvesting in Immobilien – das in Deutschland auch den Löwenanteil am Crowdinvesting ausmacht. Wie das funktioniert, habe ich anhand von Zinsland beschrieben. Hier stellt Ihr anteilig das Eigenkapital für die Entwicklung großer Immobilienprojekte bei Laufzeiten zwischen 12 und 24 Monaten und einer festen Verzinsung. Auch hier kommen Nachrangdarlehen oder Mezzaninekapital zum Einsatz.

Bekannte Plattformen sind z.B. companisto oder seedmatch für Firmen und z.B. Zinsland oder Exporo für Immobilien.

 

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Ein Kommentar

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