Blitzlicht – Kommt Mobile Payment dank EU ins Fliegen?

Unter der Dusche kommen einem die besten Gedanken, heißt es zumindest. Mich hat dort heute die Frage beschäftigt, ob die EU mit verschiedenen Maßnahmen – gewollt oder ungewollt – dem Mobile Payment in der EU in 2016 zum Durchbruch verhelfen wird. Das zumindest könnte das Resultat verschiedener Richtlinien sein, die in letzter Zeit aus Brüssel an den Start gebracht wurden. Aber der Reihe nach.

Falschgeldbekämpfung treibt Kosten für Bargeld-Handling

Seit einiger Zeit müssen die europäischen Banken eine unbeliebte Richtlinie zur Bekämpfung von Falschgeld umsetzen. Konkret geht es dabei um das Münzgeld, das beim Stichwort Falschgeld wohl kaum jemandem außerhalb des Elfenbeinturms als erstes in den Sinn käme. Und dennoch sollen die Banken nun dafür sorgen, dass keine falschen Münzen mehr im Umlauf sind. Um die Vorgaben zu erfüllen, mussten alte Münzzähler ausgemustert und das Kassenpersonal speziell geschult werden.

Für die meisten Banken hätte das völlig unangemessene Investitionskosten bedeutet, so dass viele von ihnen das Münzgeld nur noch in sogenannten Safe-Bags entgegen nehmen und es von spezialisierten Dienstleistern prüfen und zählen lassen. Das lassen sich die Dienstleister natürlich gut bezahlen, und die Banken geben diese Kosten in Form von Gebühren an ihre Kunden weiter – in der Regel um die 30 Cent je Münzrolle. Gerade bei Kleinstgeld wie den 1- und 2-Cent-Münzen schlägt das ins Kontor, denn die Rollen à 50 Münzen haben gerade einmal einen Gegenwert von 50 Cent bzw. einem Euro. Aus diesem Grund haben sich die Einzelhändler in Kleve (NRW) bereits zusammen geschlossen, um die 1- und 2-Cent-Münzen aus dem Verkehr zu ziehen. In Ländern wie z.B. Finnland ist das übrigens seit Jahren gängige Praxis.

Gebührenbegrenzung für Kartenzahlungen treibt Kreditkartenakzeptanz

Eine andere Richtlinie der EU zielt dagegen auf die Höhe der Debit- und Kreditkartengebühren. Diese sind der Kommission zu hoch, weshalb sie auf Weisung von oben auf 0,2% bzw. 0,3% des Umsatzes begrenzt werden sollen. Die Idee der EU war ursprünglich, dass die Händler die niedrigeren Gebühren dann in Form niedrigerer Preise an die Kunden weitergeben und diese dadurch um Milliarden entlastet werden. Tatsächlich haben die großen Handelsketten aber bereits angekündigt, den Zusatzgewinn in die eigene Tasche zu stecken.

Immerhin sorgt diese Richtlinie in Kombination mit der oben beschriebenen aber dafür, dass immer mehr Einzelhandelsketten ihre Kassen jetzt auch für Kreditkarten freischalten. Mit der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) und ALDI haben sich gleich zwei große Player in Deutschland vor Kurzem für Kreditkartenzahlungen geöffnet. Und weil man eh gerade in neue Technik investiert hat, wurden gleich Geräte mit NFC investiert.

Letzteres wurde von den Banken schon länger gefordert, damit es sich für sie lohnt, ihre Bank- und Kreditkarten mit der entsprechenden Technik auszustatten (z.B. GiroGo/Sparkassen, PayPass/Mastercard oder Girocard kontaktlos/VR-Banken) – und kommt es denn auch endlich dazu. Allerdings ist die NFC-Technik gleichzeitig aus die Basis der meisten Mobile Payment-Systeme, mit denen innovative Fintechs, aber auch die großen Technik-Riesen Apple, Google und Samsung.

Was die Richtlinien bewirken

Beide Richtlinien waren zwar in erster Linie nicht dazu gedacht, Mobile Payment zum Durchbruch zu verhelfen, sie bereiten aber trotzdem den Weg dafür. Denn sie verteuern das Bargeld-Handling durch Maßnahmen zur Falschgeldbekämpfung, gleichzeitig verbilligen Sie die Nutzung von Debit- und Kreditkarten nebst NFC-Technik massiv. Die Folgen zeigen sich bereits jetzt in einer deutlich erhöhten Kreditkartenakzeptanz im deutschen Einzelhandel. Da diese die Grundlage für die Mobile Payment-Angebote ApplePay, AndroidPay und SamsungPay darstellen, werden die drei Technikriesen sicherlich nicht mehr lange zögern, bis sie den europäischen Markt aufrollen.

Was die Banken über Jahre mit ihrem Kleinklein und die Fintechs mangels Masse nicht geschafft haben, könnte die EU quasi als Nebenwirkung zweier EU-Richtlinien schaffen, die eigentlich anderes bewirken sollten. Jetzt wird er nur noch darauf ankommen, dass die Mobile Payment-Anbieter die Kunden mit echten Mehrwerten gegenüber der schnöden Kartenzahlung überzeugen. Denn ohne Mehrwert wird es nicht gehen.

Ob Mobile Payment in 2016 mit Schützenhilfe der EU nun endlich durchstartet? Wir werden es sehen.

Veröffentlicht in Meinung und verschlagwortet mit , , , , , , , , , .

4 Kommentare

  1. Pingback: Newsflash Nr. 04 – 2016 | aboutfintech.de

  2. „gleichzeitig verbilligen Sie die Nutzung von Debit- und Kreditkarten nebst NFC-Technik massiv.“
    Zu kurz gedacht meiner Meinung. Der Issuer verliert durch die Senkung der Interchange Rate den Großteil seines revenues. Dadurch ist reines issuing wenig rentabel. Er muss also sein Einnahmenausfall kompensieren. Wie tut er das? Er holt es sich durch monatliche Gebühren für die Kreditkarte vom Kunden. Dh. die Akzeptanzrate steigt zwar, allerdings verteuert sich die Nutzung der Kreditkarte für den Kunden. Somit kommt es zum gegenteiligen Effekt, meine Prognose ist das sich Umsätze mit Kreditkarte nicht signifikant erhöhen werden.
    Sonst top blog, weiter so!

    • Hallo Julian,

      Danke für Deinen Kommentar! Grundsätzlich kann ich Deinen Gedankengang nachvollziehen, allerdings ist der Wettbewerb in Sachen Kreditkarten mittlerweile sehr hoch, weil viele Direktbanken über Visa die kostenlose Bargeldverfügung ihrer Kunden sicherstellen. Insofern bin ich gespannt, ob sich da namhafte Issuer tatsächlich aus der Deckung wagen.
      Beste Grüße
      Tobias

Kommentare sind geschlossen.